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Hühnerclickern - (Hunde-)Training mal anders

  • von Brigitte Zwengel
  • 04 Mai, 2020

Warum Hühnerclickern Dich im Hundetraining weiterbringt

Als ich das erste Mal von Hühnerclickern gehört habe, dachte ich wirklich, jetzt drehen sie völlig durch. Bis mir eine liebe Trainerkollegin mehr darüber erzählte und ich so neugierig wurde, dass ich mich direkt für ein Einsteigerseminar Hühnerclickern angemeldet habe.

So begann mein ganz persönliches Abenteuer im Hühnerclickern.

 

Das Seminar fand bei Nina Steigerwald auf ihrem Hof in Niedersachsen statt. Als ich nach vier Stunden Fahrzeit dort ankam, wurde ich herzlich begrüßt und wir starteten direkt mit einer kurzen Theorieeinheit über positives Training, die Lerntheorie und das Clickertraining.

Wer Clickertraining noch nicht kennt:

Clickertraining ( der Clicker oder auch das Markerwort) ist ein wunderbares Trainingsmittel, damit können wir punktgenau das gute & erwünschte Verhalten markieren und der Hund (bzw. hier das Huhn) weiß, dass danach zu 100% eine Belohnung kommt.

Doch nun zu den Hühnern ;-)

 

Nina startete mit der Einweisung, wie man Hühner am besten anfasst und sie auch so trägt, dass sie ruhig bleiben können und nicht ins Flattern kommen.

Das alleine war zu Beginn schon eine große Herausforderung, aber nach etlichen Versuchen durchaus machbar.

Dann wurden wir in Gruppen mit jeweils 3 Teilnehmern eingeteilt und so verteilten wir uns an die verschiedenen Trainingstische, auf denen dann das Training mit den Hühnern stattfand.

Jede Gruppe hatte eigenes Trainingszubehör, dazu gehörte u.a. das Futter, eine Futterschale mit integriertem Clicker und auch „eigene“ Hühner, die in Boxen in Sichthöhe auf einer Seite der Wand auf ihren Einsatz warteten.

Jeder im Team hatte seine feste Aufgabe. Ein Teilnehmer war dafür zuständig, das Huhn aus der Box herauszuholen und auf den Tisch zu setzen. Der zweite Teilnehmer hatte die Aufgabe, den Timer zu starten und auch zu beenden und nach Möglichkeit das Training auch noch zu filmen (soviel zum Thema zwei Dinge gleichzeitig tunJ). Ich war so fasziniert von den Hühnern, dass ich ein paar Male vergessen hatte, den Timer zu aktivieren. Ich glaube, meine Trainingspartner kamen teilweise angesichts der Trainingszeit ganz schön ins Schwitzen.

Der Dritte in der Gruppe durfte dann in der vorgesehenen Trainingszeit von 30 Sekunden mit dem Huhn trainieren.

Zunächst wurde mit einem „Trockenhuhn“ gearbeitet, also noch nicht mit einem realen Huhn, damit gewisse Abläufe wie Haltung der Futterschüssel, die Futtergabe sowie das Timing schon einigermaßen passen.

Dann erst wurde am richtigen Huhn trainiert und das war auch gut so!

Die 30 Sekunden Trainingszeit waren gut gewählt und die Aufgaben auch. Eine der Aufgaben bestand darin, immer zu markern, wenn das Huhn genau auf den schwarzen Punkt in der Mitte des Targets, in diesem Fall eine kleine weiße kreisrunde Fläche, pickt.

Sich 30 Sekunden auf ein schnell pickendes Huhn zu konzentrieren und genau zu sehen, ob das Huhn tatsächlich den kleinen schwarzen Punkt in der Mitte der Scheibe getroffen hat oder eben nicht, ist wirklich schwer, zudem auch im richtigen Moment geclickt werden muss. Nur das Schauen als Zuschauer war schon eine Herausforderung.

Nach der Trainingseinheit wurde dann am Tisch durchgewechselt, so dass nach einem Durchgang jeder einmal das Huhn herausgenommen, auf den Tisch und auch wieder in die Box gesetzt sowie mit dem Huhn trainiert und auch den Timer bedient hatte.

Nach drei Durchgängen mit verschiedenen Aufgaben ging es auch schon in die Mittagspause. Hier gab es hausgemachte vegetarische & auch glutenfreie Kost. Es war alle toll vorbereitet und so war für jeden was dabei.

Nach der Mittagspause ging es dann mit dem Trainingsaufbau einer weiteren Übung weiter.

 

Die Aufgabe bestand darin, dass das Huhn im „Fuß“ neben mir auf dem Tisch läuft und ich den Tisch einmal umrunde.

Klang sehr leicht und sah leicht aus, war es aber nicht. Mein Huhn machte zu Beginn genau nichts!

Also geschaut, wo mein Fehler im Timing, im Aufbau und in der Ausführung lag. Dann startete ich nochmal, zunächst ohne Huhn und später wieder mit Huhn.

Ob ich es geschafft habe?

Ich gebe zu, ich trainiere noch an meinen Fähigkeiten, so dass es das nächste Mal mit Sicherheit klappt.

Denn ich habe bereits das Modul 1, welches sich über fünf Trainingstage erstreckt, gebucht. Insgesamt erstreckt sich das Hühnerclickern über fünf Module mit unterschiedlichem Inhalt. So geht es im Modul 1 um Timing, um Trainingskriterien und um die Belohnungsrate.

Warum eigentlich Clickertraining mit Hühnern?

Ich bin derart begeistert, denn das Training an Hühnern ist so völlig losgelöst vom Training an Hunden bzw. auch völlig gelöst vom Training mit meinem eigenen Hund.

·      Hühner sind sehr eintönig in ihrer Ausdrucksweise. Sie picken den ganzen Tag

·      Beim Hühnerclickern bin ich völlig unbefangen, ich habe zu Beginn keine emotionale Bindung zu dem Huhn. Zudem bietet mir das Huhn im Gegensatz zu meinem Hund nicht noch verschiedenen Verhaltensweisen an, die ich eventuell noch clicken könnte.

·      Habe ich beim Huhn ein- oder zweimal falsch geclickt, zeigt es mir völlig neutral nur noch das an, was ich geclickt und belohnt habe.

·      Und Hühner sind schnell, sogar sehr schnell. Das schult ungemein mein Timing und die Hand-Augen-Koordination. Das Umsetzen von „ich habe etwas gesehen“ zu „ich reagiere mit Clicker darauf“ ist eine Kunst, die es zu erlernen gilt.

·      Bei Druck zeigen sie keine Mitarbeit und gehen sie weg. Diese Eigenschaft schätze ich sehr.  Bedeutet: Aversives Training mit Hühnern ist nicht möglich.

 

 

Nach der zweiten Trainingsrunde gab es Kaffee und selbstgemachten Kuchen. Es wurden noch einige Dinge besprochen und dann neigte sich dieser schöne und sehr informative Tag auch schon dem Ende.

Ursprünglich hatte ich vorgehabt, an dem Abend noch weiterzufahren nach Berlin zu einer Trainerkollegin, um an unserem gemeinsamen Projekt weiterzuarbeiten. Ich war aber mittags schon so erledigt, dass ich mir Vor-Ort ein Zimmer gebucht habe uns so den Tag entspannt ausklingen lassen konnte.

Ein großes Dankeschön Nina und ihr Team, welches uns immer unterstützend zur Seite stand und auch alle Fragen ausführlich und individuell beantwortet hat.

 

Für wen ist Hühnerclickern geeignet?

·      Hühnerclickern ist für alle geeignet, egal ob Du Hundehalter oder Trainer bist. Hauptsache ist, dass Du über positive Verstärkung trainieren möchtest bzw. Interesse an positivem Tiertraining hast.

·      Vorkenntnisse im Umgang mit Hühnern sind vorteilhaft, aber nicht nötig. Was benötigt wird, wird direkt zu Beginn im Seminar geschult.

 

Hühnerclickern wird bereits eingesetzt von Verhaltensberatern und Verhaltensmedizinern, wenn der Hundehalter vorab unabhängig von seinem Hund geschult werden muss, z.B. wenn der Hund ein Problemverhalten zeigt, das auf keinen Fall durch Fehlverhalten seitens des Halters weiter gezeigt werden darf (rückgerichtete Aggression gegenüber seiner Bezugsperson).

Oder auch, wenn der Hund stereotypes oder selbstzerstörendes Verhalten zeigt und Fehler im Training nicht verzeiht werden (u.a. falsches Timing).

 

Mein Fazit:

Hühnerclickern macht nicht nur Spaß, es ist Training auf hohem Niveau und vor allem Training an Dir selbst. Es geht darum, Deine Fähigkeiten zu schulen und nicht dem Huhn etwas beizubringen – das ist schön, aber in diesem Fall Nebensache.

Es schult mich darin, ein besserer Trainer zu werden – meinen Hunden zuliebe und auch, um es so an meine Kunden weitergeben zu können.

Positive rocks!


Habe ich Dein Interesse geweckt?

Hier ein paar Einblicke in das Hühnerclickern:

https://youtu.be/OghCi7Gqm3s

https://youtu.be/IO72HJ1MxBk

https://youtu.be/OrXLyFcpcJ4


 

Möchtest Du einen Einstieg haben in positives Hundetraining, vor allem ins Markertraining?

Dann bist Du in meiner Trainingswoche genau richtig. Weitere Infos bekommst Du hier:

https://www.fairbindung-mensch-hund.de/trainingswoche


positives Training Online & Vor-Ort findest Du hier:

https://www.fairbindung-mensch-hund.de/

 

Weitere Blogartikel findest Du unter:

https://www.fairbindung-mensch-hund.de/blog

 

Hier findest Du Informationen zum Hühnerclickern bei Nina Steigerwald:

https://www.steigerwald-t.de/shop/de/training-tiergerecht/huehnerseminare/


Du willst Hühner? :-) Bitte denke daran, dass auch Hühner artgerecht gehalten werden sollten und ob Du das leisten kannst.

Viel Spaß beim Training mit Deinem Hund/Huhn!


 

 

Fairbindung's Blog

von Brigitte Zwengel 28. August 2024

Der richtige Rahmen fürs Alleinbleiben – Eine Herausforderung für viele Hunde

Allein zu bleiben, ist für viele Hunde alles andere als selbstverständlich. Während einige Hunde bellen, jaulen oder fiepen, wenn sie allein sind, räumen andere die Wohnung um oder warten still leidend vor der Tür. Es ist eine Situation, die sowohl für den Hund als auch für den Besitzer oft sehr belastend ist.

Ein persönlicher Erfahrungsbericht: Pancho, Foxi und Paddy

Mein erster Hund, Pancho, hat mir deutlich gezeigt, wie schwer es für manche Hunde ist, allein zu bleiben. Innerhalb von fünf Minuten hatte er den Boden samt Bodenleisten rausgerissen und die Tür zerkratzt. Auch draußen konnte er es kaum ertragen, wenn ein Zaun zwischen uns war – er sprang ohne Zögern über den 1,20 Meter hohen Zaun. Wir mussten das Alleinbleiben trainieren, als berufstätige Menschen hatten wir keine andere Wahl.

Mit der Zeit lernten Pancho und auch mein anderer Hund Foxi, entspannt allein zuhause zu bleiben. Sie haben es durch kleinschrittiges Training gut erlernt. Aber dann kam Paddy.

Wer uns kennt oder auf Facebook verfolgt hat, weiß, dass unser Start alles andere als einfach war. Paddy kam mit einem großen Paket an Schmerzen und Stereotypien zu uns, die intensive Behandlung und Training erforderten, damit er sich überhaupt auf ein normales Leben einlassen konnte. Paddy wuchs in einer Umgebung auf, die ihn stark einschränkte – er lernte kaum etwas kennen und zeigte bis heute autistische Züge. Menschen und Hunde im Nahkontakt sind für ihn eine enorme Herausforderung. Eine Ärztin gab mir sogar schriftlich, dass er nie mit mehr als einem Menschen zusammenleben könne.

Im ersten Jahr war es für Paddy unvorstellbar, sich in der Nähe von anderen Hunden oder Menschen zu entspannen. Zum Glück hatten wir die Möglichkeit, auf eine andere Wohnung im Haus auszuweichen, damit er sich zunächst nur an mich gewöhnen konnte – selbst das war schon schwierig genug.

Nachdem Paddys Schmerzen lokalisiert und er auf Schmerzmedikamente eingestellt war, konnten wir nach über einem Jahr langsam in die Wohnung ziehen. Er war inzwischen 1,5 Jahre alt, und ich wagte den ersten Versuch mit dem Alleinbleiben. Doch es funktionierte nichts.

Mein Bauchgefühl sagte mir, dass Paddy noch nicht den richtigen Rahmen hatte, um das Alleinbleiben zu lernen. Er sprang immer wieder zur Tür, auf die Kommode und bellte unaufhörlich, obwohl ich direkt in seiner Nähe war. Er wollte einfach nur raus aus der Wohnung, weg von den vielen Reizen, die ihn überwältigten.

Paddy musste zuerst „Wohnung“ lernen – sich überhaupt und auch in einem Raum entspannen können, dann in weiteren Räumen. Dabei waren die Auslöser wie andere Menschen und Hunde immer noch präsent, wenn auch nicht in seinem direkten Umfeld.

Erst als Paddy sich frei in der Wohnung bewegen und entspannen konnte und nach der erfolgreichen Behandlung seines Herzwurms fast schmerzfrei war, konnten wir mit dem Alleinbleibtraining beginnen. Paddy ist jetzt 2,5 Jahre alt.

Den richtigen Rahmen finden

Die Vorbereitung für das Alleinbleiben begann schon früh: Mit einem speziellen Entspannungsduft am Halsband, der Verwendung eines Relaxopets und der Schaffung einer „Safty Zone“, einer Ecke im Wohnzimmer, die Paddy sich selbst als Rückzugsort ausgesucht hat und die weder von Hund noch Mensch gestört werden darf.

Als der richtige Rahmen für Paddy gegeben war, klappte es auch mit dem Alleinbleiben. Die anderen beiden Hunde sind währenddessen im Flur oder Schlafzimmer, und Paddy kann selbst entscheiden, ob er Kontakt haben möchte oder nicht. Bisher haben wir es geschafft, dass er zur Abendzeit eine Stunde alleinbleiben kann. Jetzt arbeiten wir daran, dass er auch zu anderen Tageszeiten entspannt allein sein kann.

Was gehört alles zu diesem Rahmen?

  • Schmerzfreiheit als oberstes Gebot
  • Bedürfnisbefriedigung und freie Bewegung
  • ausreichend optische und olfaktorische Stimulation
  • Emotionales Gleichgewicht
  • Zufriedenheit
  • Entspannungs- & Ruhezeiten
  • Sozialkontakte zu Mensch und Hund, sofern gewünscht
  • Viele Wahlmöglichkeiten(beginnend bei den Liegeplätzen)
  • Netter, fairer und angstfreier Umgang

Wenn dieser Rahmen für deinen Hund passt, kann mit dem Alleinbleibtraining begonnen werden. Vorher macht es meist wenig Sinn.

Und: Es gibt kein Schema F, das für jeden Hund passt. Jedes Training muss individuell auf das Mensch-Hund-Team abgestimmt werden.

Für Welpen/Junghunde, bei denen das Alleinbleibentraining  von Beginn an gut vorbereitet werden kann, ist das Training meist wesentlich leichter.

Alleinbleiben ist keine Selbstverständlichkeit, sondern muss erlernt werden. Es ist eines der sensibelsten Themen im Hundetraining, daher ist Geduld und Einfühlungsvermögen gefragt.



von Tina Bunkofer 15. Juli 2022
Urlaub mit Hund- was gilt es zu beachten? Urlaubs-Checkliste
von Tina Bunkofer & Brigitte Zwengel 10. April 2022

Die  Welpenzeit mit deinem Hund  verlief typisch?!

Nachdem dein Hund gelernt hat sich draußen zu lösen, die Nächte durchzuschlafen, nicht alles anzukauen oder in alles reinzubeißen, funktioniert das gemeinsame Leben ganz gut. Die Grundsteine für eine gute Sozialisierung und einer guten Mensch-Hunde - Beziehung habt ihr in eurem Alltag gelegt. Im besten Fall lässt euer Hund bereits alle vier Pfoten auf dem Boden, wenn ihr Besuch bekommt und ohne große Ablenkung läuft er bereits gut an lockerer Leine. Den ein oder anderen kleinen Trick oder Signal beherrscht dein Hund auch schon.

Immer wieder ist das der Punkt, an dem einige Welpenbesitzer nach der Welpenkurs mit dem Training aufhören und den Gedanken haben, dass ihr Hund nun ,,erwachsen“ und/oder ,,erzogen“ ist. Leider muss ich euch sagen, dass das nur der Anfang der Hundeausbildung ist – verglichen mit der Grundschule bei Kindern. Auch Kinder können nach der Grundschule noch nicht richtig gut lesen, stillsitzen beim Essen, einen Aufsatz schreiben, sich im Straßenverkehr zurechtfinden geschweige denn den Führerschein machen. Auch Kinder lernen im Kindergarten bzw. in der Grundschule sich im Leben zurecht- und ihren Platz zu finden, soziele Kontakte zu knüpfen und sich mit Lautäußerungen zu artikulieren.

Du hast in der Welpenzeit den besten Grundstein für ein gemeinsames Leben gelegt und gerade erst begonnen, deinem Hund die Welt zu zeigen. Damit dein Hund dich aber zukünftig überall hin begleiten kann, solltest du auf jeden Fall am Training dran bleiben – in einer Junghundegruppe oder im Alltagstraining weitertrainieren, oder aber auch im Einzeltraining. Gerade nach dem Zahnen (ca. ab dem 5. Monat) beginnt für deinen Hund die Junghundezeit. In dieser Zeit verändert sich psychisch bei deinem jungen Hunden hormonell, körperlich und sehr viel. Dazu gehört auch die anstrengende Zeit der ,,Pupertät“. Erwachsen sind dein Hund erst je nach Rasse zwischen dem 24. und 36. Monat. In dieser elementaren Zeit bilden sich das Sexualverhalten, das Sozialverhalten, das Jagdverhalten, Entspannungsverhalten, die Impulskontrolle, das Ausdrucksverhalten, das Angstverhalten, das Ressourcenverhalten, das Meideverhalten und noch vieles mehr erst richtig aus.

Hunde sind in der Pubertät deutlich schwerer einzuschätzen, sie wirken nervös, fahrig und sind auch schlechter kontrollierbar. Sie sind empfindlicher, was Reize anbetrifft, reagieren schneller und/oder auch heftiger. Man meint, sie haben alles vergessen, was sie im Welpenalter gelernt haben.

Dein Hund ist durch die ganzen Veränderungen im Körper in der Regel angespannt, gestresst und kann viele Emotionen gar nicht mehr verstehen. Plötzlich riecht das andere Geschlecht interessant und Sexualtriebe entstehen. Neben der körperlichen Faktoren setzten wir Menschen den Hund immer mehr Reizen und Konfliktsituationen aus. Dein Hund muss plötzlich länger alleine bleiben und unsere menschliche Erwartungshaltung ist viel höher als bei dem kleinen Welpen. Immer wenn ich mir dies bewusst mache, fällt mir auf, vor wie viele Herausforderungen wir unsere Hunde eigentlich täglich stellen und häufig erst im Nachhinein darüber nachdenken, warum der Hund gerade so reagiert hat.

Jeder Hundehalter kennt dann diese Zeit, wo wir plötzlich im Training einige Schritte rückwärtsgehen müssen, da der Hund das bereits erlernte nicht mehr abrufen kann. Wir versuchen dann mit allen möglichen Tricks das erwünschte Verhalten abzurufen und haben keine Chance. Die Hunde machen das nicht mit Absicht, was ihnen so oft unterstellt wird. Auch testen sie nicht ihre Grenzen –sie können einfach gerade schlichtweg nicht.

Die gedankliche Steuerungsfähigkeit vorübergehend eingeschränkt!

Wie sagt meine Kollegin so gerne: „Jetzt haben die jungen Hunde nur noch Stroh im Kopf“. Was oft als „Grenzen testen „ bezeichnet wird, hat einen neurobiologischen Hintergrund. Die Synapsen, die Schaltstellen zwischen den Nervenzellen, werden in der Adoleszenten Phase abgebaut, das Hirn wird neu strukturiert – „der Stecker ist nicht nicht drin“!

Im Junghundealter soll dein Hund eine gute Leinenführigkeit, einen sicheren Rückruf, entspannte Begegnungen mit Artgenossen, Entspannungsrituale und alltagsrelevante Signale lernen und festigen. Du solltest lernen, deinen Hund und sein Verhalten körpersprachlich zu lesen und Hilfestellungen in Problem- oder Konfliktsituationen zu geben. Zudem sollten die Belastungen des Alltags, weitere Umgebungen und die begonnende Sozialisierung aus der Welpenzeit weitergeführt werden. Egal wie alt dein Hund ist, du solltest deinem Hund immer die Hilfen geben, die er benötigt.

Wenn dein Hund noch nie gelernt hat, einen Gegenstand zu dir  zu bringen, kannst du auch nicht erwarten, dass er es automatisch von alleine kann. Jede Rasse bringt eigene Fähigkeiten mit und manche Hunde bieten von alleine bestimmte Verhaltensweisen an, trotzdem müsst ihr das Signal für dieses Verhalten dem Hund beibringen. Du kannst nicht erwarten, dass dein Hund, weil er jetzt 6 Monate alt ist, bereits deine Signale kennt und in jeder Umgebung abrufen kann. Ca. 3000 Wiederholungen werden für ein Wortsignal in sämtlichen verschiedenen Varianten, Möglichkeiten, sowie Umweltfaktoren benötigt, um ein Signal unter Signalkontrolle bringen zu können. Zudem gibt es immer wieder hormonelle Veränderungen oder Stresssituationen, in denen euer Hund weder das erlernte Verhalten abrufen kann geschweige denn, etwas lernen kann. Du musst jeden Tag betrachten, wo steht dein Hund gerade und was kann ich in seinem heutigen Zustand erwarten.

Abschließend kann ich dir also raten, jede Zeit mit deinem Hund zu genießen, ein gemeinsames Hobby zu finden und auch in der Pubertät weiter zu trainieren. Du darst dich freuen, dass du deinen Hund bereits in der Welpenzeit zu einem guten Begleiter gemacht hast und auf die gut gelegten Grundmauern aufbauen. Ich wünsche dir eine tolle Zeit mit deinem Hund – sei fair ihm gegenüber und helfe/unterstütze ihn, wenn er es gerade selbst nicht leisten kann, dann steht einem tollen Team nichts im Wege!

 

von Tina Bunkofer 10. April 2022

Vor einigen Jahren stand ich mit einem gestressten, frustrierten und jagenden Rhodesian Ridgeback vor der Entscheidung, was ich noch tun kann, um eine gute Mensch-Hund Beziehung zu erhalten. Neben der Veränderung der Trainingsmethoden auf ein positives Training war klar, dass mein Rüde endlich ein Hobby zur Auslastung benötigt. In den vielen Jahren habe ich viele verschiedene Sportarten des Hundesports und Trends ausprobiert. Doch mein Rüde fand immer nur bedingt Interesse daran. Das Beste am Training waren für ihn die Kekse beim Üben, jedoch nicht die Aufgaben selbst.

In vielen Büchern zu unserer Problematik wurde immer zum Dummytraining geraten. Ich war selber nicht sonderlich begeistert, da mich diese Art von Training damals nicht wirklich interessierte. Eines Tages dachte ich, warum muss mein Hund eigentlich immer nur das machen, was mir Spaß macht. Ich entschied mich dazu, das Dummytraining auszuprobieren und nach dem Interesse meines Hundes zu entscheiden, ob es was für uns ist. Und was soll ich sagen, heute bin ich selber im Dummyfieber und kann mir gar nicht mehr vorstellen, dass es mich früher so gar nicht interessiert hat.

Das Dummytraining besteht aus vielen verschiedenen Faktoren. Zum einen wird ein Grundstein für sämtliche Alltagssignale, einer guten Fußarbeit und Kommunikationssignale für verschiedene Aufgaben gelegt und benötigt. Diese Grundlagen kann ich inzwischen auch in vielen anderen Situationen anwenden. Auf Spaziergängen ,,stoppe“ ich inzwischen meinen Hund sehr häufig über den Pfiff und merke, dass immer weniger Frust entsteht. Ein Rückruf bedeutet für meinen Hund den Abbruch seines aktuellen Bedürfnisses, in ,,Stopp“ nur eine kurze Pause dessen.

Die Grundelemente sind genauso entscheidend im Dummytraining, wie die 3 Kerndisziplinen: Einweisen, Markieren und Suchen.

Einweisen

Das Endergebnis des Einweisens soll sein, dass nur der Mensch weiß, wo das Dummy liegt. Der Hund kann es im besten Fall am Ende nicht mehr sehen, riechen oder die Wurfstelle hören. Beim Einweisen wird dementsprechend die Beziehung, die Kommunikation und das Vertrauen zum Menschen gefördert. Der Hund muss sich darauf verlassen, dass die Signale des Menschen ihn zum Dummy leiten. Über die Signale „lauf geradeaus“, „stoppe“, „laufe rechts“ oder „laufe links“ gibt der Mensch die Koordinaten für das abgelegte Dummy. Kommt der Hund an die Stelle des Dummys, so erhält er mithilfe des Suchen-Pfiffs das Signal: „jetzt bist du nur noch eine kleine Suche entfernt (1-2m)“.

Markieren

Sowohl Mensch wie auch Hund haben gesehen, welche Wurfbahn das Dummy hatte und der Hund merkt sich die Fallstelle und unter Umständen auch noch weitere Fallstellen. Der Mensch schickt den Hund dann nach und nach auf die Fallstellen und bittet den Hund das Dummy zurück zu bringen. Wir schulen neben dem Apportieren des Dummys auch die Konzentrationsfähigkeit und das Gedächtnis und bauen eine Impulskontrolle zu einem fliegenden Objekt auf. Der Hund soll im besten Fall gelernt haben, dass er besonders viel Spaß hat, wenn er die Aufgaben mit seinem Menschen erarbeitet.

Suchen

In der großen Verlorensuche darf der Hund sein Sinnesorgan Nase voll auslasten. In der Suche wissen weder Mensch noch Hund, wo die Dummys liegen. Der Hund sucht über sein eigen erlerntes Suchbild nach und nach alle Dummys und bringt diese zum Menschen. Der Mensch begegnet seinem Hund dabei mit ganz viel Vertrauen und fördert seine Eigenständigkeit und das Selbstvertrauen des Hundes. Für viele Hunde ist dies sowohl körperlich wie auch psychisch eine gute Auslastung.

Du merkst schon, das Dummytraining ist sehr vielseitig und kann für viele Hunde eine gute Auslastung sein. Jeder Hund bringt unterschiedliche Fähigkeiten in dem Training mit. Da dieses Training aus der Jagdarbeit abstammt, ist es natürlich für jagende Hunde besonders gut geeignet und dient hervorragend als Jagdersatztraining. Natürlich verbessert der Hund durch das Training seine Fähigkeiten in den einzelnen Disziplinen, jedoch führt dies nicht zu einer höheren Jagdmotivation. Ganz im Gegenteil, das Dummytraining fördert, dass der Hund gemeinsam mit dir seine Bedürfnisse befriedigt und nicht einfach ins Jagen verfallen muss. Zudem lernt der Hund in sämtlichen Bereichen der Jagdkette eine bessere Impulskontrolle und Steuerung seines Drang in Bezug auf das Jagen.

Wahrscheinlich könnte ich weitere 100 Zeilen oder mehr über das Dummytraining schreiben. Dummytraining ist so viel mehr als nur apportieren und warten, bis der Hund zum Dummy laufen darf. Sämtliche Grundbedürfnisse deines Hundes zur Auslastung der Sinnesorgane können durch ein spannendes Dummytraining erreicht werden und lasten deinen Hund körperlich und psychisch aus. Auch junge Hunde/ Welpen können bereits Einzelbereiche entsprechend des Alters, Lernstatus und körperlicher Entwicklung spielerisch lernen.

Für mich war es damals die beste Entscheidung mal etwas zu tun, woran mein Hund Spaß hat und ich vielleicht nicht. Plötzlich lösten sich das ein oder andere Thema von ganz allein und es war kein großes Training in manchen Bereichen notwendig. Mein Rüde war plötzlich körperlich und psychisch ausgelastet, hatte Spaß und seine Bedürfnisse wurden erfüllt.

Ein schöner Nebeneffekt: Es musste auch kein Blödsinn mehr angestellt werden :-)

von Tina Bunkofer 4. Februar 2022

Über die richtige Leine und was der Markt inzwischen alles an Leinen verkauft, könnten wir Stunden philosophieren. Neben den unterschiedlichen Materialien, Varianten, mit verschiedenen Ringen oder dekorativen Elementen, gibt es unterschiedliche Leinenlängen.

Was genau ist die Individualdistanz und was bedeutet es für das Mensch-Hund-Teams in Bezug auf die Leinenführigkeit?

In diesem Blogbeitrag möchte ich dir gerne näherbringen, warum du dir mal Gedanken über die Individualdistanz deines Hundes (an der Leine) Gedanken machen solltet.

Jeder Mensch wie auch jeder Hund hat seine persönliche Individualdistanz zu sämtlichen Sozialpartnern/innen. In diesem Beitrag geht es um die Individualdistanz zwischen Mensch und Hund an der Leine. Die Leinenlänge gibt dem Hund eine maximale Individualdistanz (Leinenlänge) zum Menschen während des Spaziergangs vor.

Ein Teil unserer Hunde suchen gerne nahen Kontakt zum Menschen und drücken sich sogar leidenschaftlich gern an die Beine von Frauchen oder Herrchen. Doch diesen nahen Kontakt mögen  viele unserer Hunde ggf. nur Zuhause. Während des Spaziergangs haben Hunde häufig ganz andere Interessen.

Es gibt auch Hunde, die es vorziehen, lieber ein wenig Abstand zum Menschen zu halten und nicht der Gefahr ausgesetzt zu sein, von einer Tasche, Jacke oder der Bewegung des Menschen erschreckt zu werden. Während der täglichen Gassi-Runde befriedigen unsere Hunde ihre Bedürfnisse über Schnüffeln, Stöbern, Laufen, Rennen usw....   Hunde gehen beim Spaziergang sozusagen dem menschlichen Zeitungslesen nach.

Betrachten wir nun eine Leine mit der Länge von 1-1,5 m, haben unsere Hunde kaum die Chance zu entscheiden, was sie am Spaziergang erkunden möchten und auch nicht, in welchen Tempo. In diesen Momenten passiert genau jenes Verhalten, welches wir nicht so gerne an unseren Hunden sehen:

-        die Leine ist gespannt und straff

-        der Hund zieht in eine Richtung

Ein Hund, deren Leinenlänge geringer ist als seine benötigte Individualdistanz wird immer von dir weg ziehen!

In vielen Fällen hätte eine längere Leine diesen Konflikt zwischen Mensch und Hund verhindert. Im besten Fall wäre der Hund kurz an die Schnüffelstelle gegangen und wäre nach einem kurzen Verweilen an dieser Stelle dem Menschen gefolgt. Im noch besseren Fall wäre der Mensch stehen geblieben, hätte kurz gewartet und zugesehen, wie der Hund schnüffelt und beide wären gemeinsam weiter gegangen. Eine längere Leine ersetzt natürlich nicht, dass ein Hund das Einhalten der Leinenlänge an lockerer Leine lernen muss. Die Leinenführigkeit ist ein wichtiger Lernbestandteil für jeden Hund. In allen hessischen Stadtgebieten, öffentlichen Plätzen, Veranstaltungen, zur Setz- und Brutzeit sowie an weiteren gekennzeichneten Orten/Plätzen besteht i.d.R. Leinenpflicht.

Dementsprechend gehört die Leine zu einem Leben mit Hund dazu und ist für einen entspannten gemeinsamen Spaziergang, das Laufen des Hundes an lockerer Leine, elementar. Damit meine ich absolut nicht das Ausführen des Signals ,,Fuß-laufen“, sondern an lockerer Leine mit dem Menschen an Straßen, Stadt, dem Weg zum Feld, Wald und Wiesen unterwegs zu sein.

Sollte dein Hund nicht 100% abrufbar sein oder die gesetzlichen Bestimmungen eine Leinenpflicht aussprechen, so solltest du den Hund im Freizeitbereich (Feld, Wiese, Wald, Spazierweg etc.) an einer Schleppleine von mindestens 10m sichern.

Doch zurück zum Thema Führleine und kleines rechnerisches Beispiel zur Leinenlänge. Ein kleiner Hund mit einer Schulterhöhe von 20 cm ist allein von der menschlichen Hand bis zu einem Meter entfernt. Habe ich nun eine Leine von 1,50 m, so gibt es maximal einen Radius von 1,30m, ohne dass ich die Rückenlänge des Hundes abgezogen habe. Unsere menschliche Schrittlänge beträgt im Durchschnitt 60cm. Ein bis zwei Schritte des Menschen reichen in diesem Beispiel aus, dass der Hund an straffer Leine läuft. Dafür muss der Hund kein eigenes Verhalten gezeigt haben, weswegen die Leine auf Spannung ist, sondern der Mensch ist lediglich zu schnell gelaufen.

Die Leinenlänge bedeutet zudem, dass der Hund direkt an den Füßen oder dem Bein laufen muss. Dies nehmen manche Hunde als durchaus unangenehm wahr. Im Vergleich aus unseren menschlichen Leben nehme ich gerne die Situation, wenn man in einer Stadt durch einen engen Tunnel bzw. eine Unterführung laufen muss und mein Körper dabei die Wand oder eine Hecke streift. Dies empfinde ich ebenfalls als sehr unangenehm. Genauso wie ich es sehr unangenehm empfinde, wenn ich an jedem Schaufenster mit der Hand von meinem Mann weitergezerrt werde und ich nicht mal in Ruhe mir etwas anschauen kann. Genau dieses Verhalten von uns müssen unsere Hunde im Falle einer zu kurzen Führleine immer wieder aushalten – zum einen werden sie durch eine zu kurze Leine recht schnell nach vorne ausgebremst, zum anderen müssen sie immer schnell hinterher, da der Mensch ja weitergeht.

Genau dies ist oft ein Grund dafür, dass der Hund die Leine nicht toll verknüpft und die Leine ganz oft mit Frust verbunden ist (zu Recht!).

Falls dir gerade der Gedanke durch den Kopf schießt ,, ach das ist jetzt aber kompliziert, dann nehme ich lieber eine Rollleine (Flexileine)“, auch davon muss ich euch dringend abraten. Rollleinen sind immer auf Spannung und euer Hund erhält immer Spannung und damit interpretierten Druck über die Leine als Emotion übertragen. Auch dies ist für euren Hund kein entspanntes und bedürnisorientiertes Spazierengehen.  

Nehmt es bitte nicht als Vorwurf oder Kritik war. Auch bei mir ist der Alltag häufig stressig, mein Hund muss sich anpassen und ich habe bereits Weg und Ziel definiert. Doch wir sollten dabei die Bedürfnisse unserer Hunde nicht vergessen und immer wieder überprüfen, ob die Individualdistanz unseres Hundes durch kleine und einfache Veränderungen, wie z.B. eine längere Leine möglich wären. Und am Ende haben Mensch wie Hund einen positiven Effekt und einen entspannteren Spaziergang. Langfristig erhalten wir dadurch eine deutlich bessere Mensch-Hund Beziehung und vor allem eine wunderbare Zeit zusammen.

Probiert es aus und macht das Experiment mit einer längeren Leine. Nehmt euch mal bei einen Spaziergang nur Zeit für die folgenden Punkte:

-        Beobachte mal, in welcher Position um dich herum dein Hund gerne laufen möchte (links, rechts, vor- oder hinter euch?)

-        Gib deinem Hund die Möglichkeit, auch mal 3-5 Meter von dir entfernt zu laufen

-        Dein Hund darf über den Weg entscheiden

-        Wenn dein Hund stehenbleibt, so bleibe auch du mal stehen

-        Beobachte den gesamten Spaziergang die Körpersprache deines Hundes und versuche zu entdecken, wann er sich am wohlsten fühlt

Das wichtige Thema Leine und was die richtige Leinenlänge ist, kann nicht aus dem ,,ff“ beantwortet werden. Jeder Hund ist individuell und unterscheidet sich in seiner Indivdualdistanz zum Menschen an der Leine. Wir empfehlen als Führleine eine Leinenlänge von 2,5m-3m und deinem Hund möglichst häufig dieselbe Leinenlänge zur Verfügung zu stellen (und gerade zum Erlernen des Laufens an lockerer Leine nicht dauernd die Leinenlänge zu verändern). Ich empfehle, im Freizeitbereich eine Schleppleine zu verwenden und auf Rollleinen zu verzichten, solange bis dein Hund gelernt hat, an lockerer Leine zu laufen.

Das alleinige Verändern der Leinenlänge ist die beste Voraussetzung, um mit positiver Verstärkung eine gute Leinenführigkeit zu erlernen und ist eine Grundbedingung in unserem Training.

Einen weiteren Artikel zum Thema Leinenführigkeit und wo dein Hund denn laufen soll, findest du hier:

  Wo soll mein Hund denn laufen - links, rechts, vor oder hinter mir? (fairbindung-mensch-hund.de)


von Maximilian Dechant 7. Januar 2022
Für ein harmonisches Miteinander von Kind und Hund
von Tina Bunkofer 5. Januar 2022

Was bedeutet Sozialisierung unter Hunden?

Immer wieder kommt im Hundetraining und bei Kontakt zu Welpenbesitzern die Frage auf nach dem Welpenspiel im Welpenkurs. Seit 30 Jahren ist nun bekannt, dass wildes Toben unter Welpen und vor allem in Großgruppen KEINE Sozialisierung bedeutet. Welpenspielgruppen können sogar eine gute Sozialisierung eures neuen Familienmitgliedes gefährden. Bei der Sozialisation geht es darum, dass ein Welpe/Hund lernt, dass es weitere Artgenossen gibt und wie man diesen Wesen im Leben begegnen kann. Unser Welpe soll lernen, ein positives, angenehmes und sicheres Gesellschaftsverhalten zeigen zu können. Genauer gesagt meine ich damit, dass ein Welpe/ Hund nicht bei Sichtung jeglicher Artgenossen in die Leine rennt, knurrt, bellt, jault usw. Im besten Fall sieht er einen Artgenossen, bleibt ruhig und entspannt und hat keinerlei Erwartungshaltung in die Situation.

 

Mein eigener Hund war als Welpe in einer sogenannten Welpenspielgruppe. Zu dieser Zeit besaß ich leider nicht das Wissen und die Erfahrung von heute. 10 kleine Welpen wurden in einen Kreis mit Blickrichtung aufeinander zum ,,Spielen“ geschickt. Es gab viele Kommentare zu den Verhaltensweisen des Kontakts. Die ängstlicheren oder verunsicherten Welpen mussten durch diese Situation durch und die, die als ,,Mobber“ unterwegs waren, sollten eine klare Ansage des Gegenübers erhalten. Ein absoluter kriegsähnlicher“ Zustand.

In diesen Begegnungen konnte weder ich noch alle anderen Anwesenden in keiner Weise die Körpersprache und Kommunikation der Hunde beobachten. In der Regel gab es ein Haufen Welpen auf einen Fleck und alles lief in Millisekunden ab. Ein vollkommenes Chaos und keinerlei gutes Lernfeld für das soziale Leben.

 

Eine gute Sozialisation beim Welpen entsteht, wenn es möglichst viele positive, ruhige und entspannte Begegnungen mit Artgenossen geben kann und der Welpe die Artgenossen lesen lernen kann. Dabei sollte der Welpe die folgenden Grundbedienungen erhalten:

 

-        Oberste Regel überhaupt: Ein Nahkontakt ist überhaupt nicht nötig und vor allem kein MUSS!

-        Der Welpe hat die Möglichkeit, mit Abstand und in Ruhe die Situation zu analysieren

-        Der Mensch reagiert auf die Kommunikation des Welpen und unterstützt den Welpen bei seinen Entscheidungen

-        Der Welpe darf sich Schutz beim Menschen suchen

-        Der Welpe entscheidet über die Distanz zum Artgenossen und wird nicht verpflichtet am nahen Kontakt teilzuhaben

-        Der Welpe darf jederzeit die Situation verlassen

-        Der Mensch unterbricht den Nahkontakt, wenn der Welpe körpersprachlich ein Unwohlsein ausdrückt

-        Der Welpe hat maximal zu einem weiteren Hund GLEICHZEITIG Nahkontakt, WEIL….

 

Ihr bemerkt schon, es ist viel wichtiger, dass der Welpe auf eine geeignete Distanz Artgenossen kennen lernt, sich langsam hündisch (in Bögen) annähern kann und die Mimik, Körperhaltung, den Geruch und die Bewegungen, sowie die Reaktionen des Gegenübers lesen lernt. Der Welpe erhält über seine Nase viele Informationen über den anderen Hund und kann im Zusammenhang mit der Mimik und Körperhaltung des Artgenossen einen positiven sowie aber auch negativen Kontext abspeichern. Aus diesem Grund ist das Nachschnüffeln, dort, wo der andere Artgenosse vorher war, so wichtig.

 

Wir sind die Gefährten unserer Welpen und begleiten ihn sein ganzes Leben. Wir entscheiden für unsere Hunde, was sie fressen, wo sie sich aufhalten, wo wir spazierengehen und noch vieles mehr. Gerade ein junger Hund benötigt eine definierte Begegnung und viel Schutz. Deswegen geht es nicht, dass wir als wichtigstes Bindeglied zum Hund uns aus der Verantwortung rausziehen. Ich höre so häufig den Spruch „“ Das machen die schon unter sich aus“. Dem kann und will ich nicht zustimmen und dies kann ich heute auch nicht mehr ertragen. Wir sind die Begleiter in allen Lebenssituationen unsere Hunde und stützen unseren Hund, wenn er selbst noch nicht in der Lage ist, eine Situation gut zu überstehen.

Bei allen Grundalltagsaufgaben fallen uns gefühlte 1000 Dinge ein, die wir unserem Welpen mit auf dem Weg geben wollen. Genau diese Grundhaltung sollten wir im Sozialkontakt ebenfalls haben und nicht davon ausgehen, dass sie sich das schon selbst beibringen.

 

Natürlich ist es wichtig, dass Welpen die Welt kennenlernen mit allen vorhandenen Lebewesen - doch bitte mit Maß, Ruhe und keinem voll getakteten Wochenplan. Auch in diesem Fall ist weniger häufig mehr, damit der Welpe die Möglichkeit hat, Erlerntes zu verarbeiten. Denkt daran, dass Hunde ein Leben lang lernen und nicht die ersten Monate bis in die letzte Stunde ausgebucht sein sollten. Die Ruhephase von 20-22 Stunden steht an erster Stelle und ist auch in der Sozialisation elementar.

 

Sozialisierung ist ein Prozess und bedeutet lebenslange Anpassung an die Umwelt. Den Grundstein dafür legst DU!

von Tina Bunkofer 5. Januar 2022

Die kleine Lernwelt eines Welpen - wie dein Welpe lernen kann, alltagstauglich und entspannt die Welt zu erkunden.


Für die Lebenswelt eines Welpen bist du in der Rolle der Eltern, Sozialpartner, Erzieher und Lehrer und natürlich vieles mehr. Große Herausforderungen im Dschungel der Lernerfahrungen von tausenden unterschiedlichen Übungen und Situationen, die dein Welpe bewerkstelligen soll, stehen an.

Vorab erinnere ich gerne alle Welpenbesitzer daran, dass in der Regel ,, weniger mehr ist“ und unsere Erwartungshaltung an die Welpen häufig zu groß ist. Viele Welpen sind sehr schnell chronisch überfordert und stehen unter Dauerstress. Welpen benötigen für alle Lernbereiche ein gutes Lernklima, Konzentration und Energie, um eine gute Lernerfahrung machen zu können. Alle Situationen benötigen im Nachgang Verarbeitung und Aufbereitung im Gehirn des Welpen. Unsere Alltagssituationen und –Abläufe sind ein täglicher Lernprozess für die Welpen und fordern ihnen bereits eine Menge ab.

 

An vielen Tagen sind Welpen nur durch unseren Tagesablauf und die damit verbundenen Herausforderungen ausgelastet. Die Lernwelt eines Welpen sollte die folgenden Bereiche beinhalten:

 

-        Ruhe und Gelassenheit in allen Lebenssituation (Zuhause, Garten, Außenbereich, ...)

-        Vertrauensaufbau einer harmonischen Mensch-Hund Beziehung

-        Aufbau einer gemeinsamen Kommunikation und Verlässlichkeit des Menschen zum Hund

-        Erwünschtes Verhalten bestätigen, damit der Hund lernt, was richtig ist (vom Menschen erwünscht). Unerwünschtes Verhalten so nett wie

          möglich unterbrechen und ein Alternativverhalten abfragen/trainieren

-        Bedürfnisbefriedigung und Umgang mit der eigenen Frustration erlernen

-        Alltagssituationen, Alltagsabläufe, unterschiedliche Umweltfaktoren, wie Umgebungen, Geräusche, verschiedene Untergründe etc.

-        Allen anderen Sozialpartnern und Lebewesen (egal ob Mensch oder Tier) zu begegnen

 

Wie du siehst, fehlen Signale, wie ,,Sitz“, ,,Platz“, ,,Bleib“ und ,,Fuß“ in meiner Auflistung. Diese Verhaltensschemen sind nicht elementar in der Welpenzeit und sollten nachrangig im Jungehundealter aufgebaut werden. Oftmals verbraucht dies schon zu viel Energie und Aufmerksamkeit, um die wirklich wichtigen Lebenssituationen zu lernen und für das gesamte Leben eines Hundes aufzubauen.

 

Wenn dein Welpe die oben genannten Lernbereiche gut erlernt, dann habt ihr einen guten Grundstein gelegt und eine hervorragende Lernatmosphäre.

 

Die Erkundungsreise des Welpen sollte langsam und sondiert beginnen. Kleine Minuteneinheiten reichen vollkommen aus und dein Welpe sollte davor geschützt werden, nicht ständig und dauerhaft überfordert zu werden. Viele Erfahrungen macht dein Welpe ganz nebenbei und muss durch euch nur durch gutes Management und als vertrauensvoller Sozialpartner unterstützt werden.

Management bedeutet, dass unerwünschtes Verhalten gar nicht erst auftritt und macht einen Großteil der Welpenzeit aus. Ein Welpe, der von Anfang an gelernt hat, bei Begrüßungen alle vier Pfoten auf dem Boden zu lassen, wird i.d.R. später nicht mehr anspringen. Ein Welpe, der gelernt hat, mit einem Hund gut zu kommunizieren und dabei nicht von anderen gestört wird (wenigstens in der ersten Zeit), wird später auch gut kommunizieren können. In einer Hundegruppe, in der 5-10 Welpen gleichzeitig aufeinander losgelassen werden, ist genau dies nicht möglich.

Zudem lernt meist ein Teil der Gruppe, dass Mobben ok ist und ein anderer Teil der Gruppe, dass andere Hunde extrem aufregend oder gar doof sind, sofern die Bezugspersonen ihre Hunde nicht sehr gut im Blick haben und rechtzeitig unterbrechen.

 

In eurer Lernwelt steht in dieser Zeit vor allem im Vordergrund, euren Welpen richtig lesen zu lernen. Die Körpersprache deines Welpen hilft dir, für deinen Welpen eine vertrauensvolle und sichere Lernatmosphäre zu schaffen.

 

Natürlich ist es schön, einen Hund zu haben, der viele Signale kennt und ,,aufs“ Wort hört. Doch dies hat Zeit und es ist in keiner Weise förderlich, alle diese Signale schon in die Welpenzeit aufzubauen.  Denkt daran, dass auch du eine Ausbildung oder Studium absolvieren musstest, um Profi in bestimmten Bereichen zu werden.

Abschließend zusammengefasst steht in der Welpenzeit im Vordergrund, eine gute Beziehung zu dir aufzubauen, dass ihr euch gegenseitig kennenlernt und mit viel Ruhe und Gelassenheit die Welt erkundet. Die Basis dafür ist Vertrauen!


Autorin: Tina Bunkofer

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